Schöne Medienwelt

Mensch und Medien, Politik und Sex, Klatsch und Bildung: Meine Meinung zu sehr unterschiedlichen Themen.

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Dienstag, März 28, 2006

Gloria Trevi – den Roman würde niemand schreiben

Es gibt Lebensläufe, die würden als Roman niemals erscheinen – zu unwahrscheinlich, zu schrill, unglaubwürdig. Ich persönlich würde den von Gloria Trevi als rekordwürdig einschätzen. Das erstaunliche dabei ist, daß kaum jemand in Europa Gloria Trevi kennt. Gloria Trevi ist spätestens seit etwa 1990 ein mexikanischer Superstar, bekannt in der ganzen lateinamerikanischen Welt.

Der erste Teil der Geschichte der Gloria Trevi war ein Märchen über ein armes Mädchen, geboren 1970, das entdeckt wurde und dann eine beispiellose Karriere machte. Aus armen Verhältnissen stammend wurde sie von ihrem späteren Manager und Liebhaber Sergio Andrade entdeckt und gefördert. Sie eroberte die mexikanischen Charts mit mehreren Nummer 1 Hits und etablierte sich dann mit ihrer eigenen Talkshow als Medienstar. Man nennt sie die mexikanische Madonna, nicht wegen ihrer Keuschheit, sondern weil sie die gleichnamige Popikone an Freizügigkeit noch aussticht. Dafür waren ihre Bühnenshows schon seit dem legendären Auftritt in der Show „Siempre en Domingo“ 1989 berüchtigt, als sie den Song „Dr. Psiquiatra“ geradezu herausschrie und dabei auf der Bühne tobte, daß man ihre Unterwäsche sah – unerhört in der ansonsten konservativen Show. Sie erhielt dort Bühnenverbot, aber der Song wurde eine Nummer 1 in den mexikanischen Charts.

Die hübsche Sängerin mit der Löwenmähne war und blieb sexuell provokant. So hieß ihre vierte CD „Mas tubare“, was in der Schreibweise „mehr gestört“ heißt, zusammengeschrieben aber „mastubieren“. Für mehrere Kalender zeigte sie viel nackte Haut, und natürlich liefert die Suche nach Nacktfotos von ihr im Internet viele Treffer. Auftritte in Filmen und Telenovelas trugen zur ihrer Bekanntheit bei. So wurde sie zum Idol vieler Lateinamerikanerinnen. Gloria Trevi beließ es aber nicht dabei, nackte Haut zu zeigen. Ungehemmt prangerte sie Machismo und Korruption in ihrer Heimat an und machte sich damit wohl auch bei so manchem Politiker unbeliebt. Schließlich kündigte sie an, für die mexikanische Präsidentschaft kandidieren zu wollen, machte diese Ankündigung aber nie wahr.

Doch ihr Auftreten provozierte auch Gerüchte über ihr Leben und ihr Verhältnis mit dem Manager, noch mehr aber über die Teenager, die als Jungtalente zur Förderung von Andrade betreut wurden. Im Hintergrund liefen zudem Gerüchte über sexuelle Beziehungen zu Politikern und auch Steuerhinterziehung der Fernsehgesellschaft, für die sie arbeitete.

Der zweite Teil der Geschichte wurde zum Thriller. 1998 wurden offene Anschuldigungen vorgebracht, daß die von Andrade und Trevi betreuten Teenager sexuell ausgebeutet würden. Andrade wurde sexueller Übergriffe gegen Minderjährige beschuldigt, gar des Unterhalts eines sexuellen Kultes, in dem die Minderjährigen in seiner Talentschule erst einer Gehirnwäsche unterzogen und hörig gemacht wurden, um dann sexuell ausgebeutet zu werden. Trevi wurde beschuldigt, ihm dabei zu helfen und die Teenager seinem Zugriff zuzuführen. Man spekulierte auch über eine sexuelle Hörigkeit von Trevi. Die Geschichte wurde zunächst von Aline Hernandez, einer Ex-Frau Andrades angestoßen, die in einem Buch die sexuelle Versklavung der Mädchen behauptete. Im Jahr 1999 kulminierten die Verdächtigungen. Karina Yapor, ein Mädchen, das von ihren Eltern mit 12 Jahren in die Obhut von Trevi und Andrade zur Talentförderung gegeben worden war, soll mit 17 verführt worden sein. In Spanien läßt sie ihr Baby zurück, kehrt dann nach Mexiko zurück. Sie behauptet, das Baby sei von Andrade, bestreitet aber zunächst jede schlechte Behandlung. Andrade, Trevi und ein Teil der Talentschule waren da auf Weltreise, in Spanien, in Argentinien und schließlich im Januar 2000 in Brasilien. Hier wurden sie schließlich auf Betreiben Mexikos verhaftet und in Auslieferungshaft genommen.

Einige Zeit später wurde aus dem Thriller ein Schmierentheater: Trevi behauptete, von Wärtern im Gefängnis während eines Häftlingsaufstands vergewaltigt worden zu sein und verlangte erstens nicht ausgeliefert zu werden, weil nach einem inzwischen nicht mehr gültigem Gesetz die Auslieferung von Frauen, die in Brasilien ein Kind bekommen haben, nicht möglich sein soll, zweitens die Überstellung in Hausarrest während der Schwangerschaft, drittens politisches Asyl, weil sie in ihrer Heimatprovinz in Mexiko wegen der angekündigten Aufdeckung politischer Korruption mundtot gemacht werden sollte. In monatelangem Ringen in Gerichten und Medien wankte der Popstar nun zwischen Hoffen und Bangen, ob sie ausgeliefert würde. Bald schon kam heraus, daß ihre Vergewaltigungsgeschichte unglaubwürdig war. Tatsächlich stellte sich Andrade als der Vater des Kindes heraus. Die Mutmaßungen darüber, wie Trevi an sein Sperma gekommen war und sich befruchtet hatte, beschäftigten die Boulevardpresse.Im November 2001 dann die schlechte Nachricht: auch das oberste Gericht verweigerte der Sängerin politisches Asyl. Einzelne Kongressabgeordnete besuchten sie im Gefängnis und stellten sich im Kampf gegen ihre Auslieferung an ihre Seite. Dabei führte es auch zu öffentlicher Entrüstung, als bekannt wurde, daß die im siebten Monat schwangere Frau sich in der Zelle kaum bewegen könnte und von Unmengen Insekten geplagt wurde. Zumindest lancierte Trevi diese Geschichte. Die öffentliche Empörung darüber mag einen Einfluß gehabt haben, jedenfalls gab es Mitte Dezember eine neue Wendung. Der Flüchtlingsausschuß entschied nun doch, ihren Status als politischen Flüchtling anzuerkennen. Zugleich wurde ihr erlaubt, das Kind im Hausarrest in einer Klinik zur Welt zu bringen. Am 18. Februar 2002 kam ihr Sohn zur Welt. Doch bald darauf wurde die Entscheidung des Ausschusses auch schon wieder zurückgenommen, Trevi wieder in Haft überstellt. 2003 endlich wurde sie, wie auch Andrade, nach Mexiko ausgeliefert.

Auf das Schmierentheater folgte das politische Lehrstück. Die Ermittlungen schleppten sich lustlos dahin, Enthüllungen des Boulevards folgten Eingaben und Proteste Gloria Trevis, deren Fangemeinde unbeirrt zu ihr hielt. Nachdem Gloria Trevi mit einem Hungerstreik begann, um ihren verschleppten Prozeß vorwärts zu bringen, wurde sie endlich im September 2004 von einem Gericht in Chihuahua freigesprochen. Dem Richter hatte sie erklärt, ein Opfer von Andrades Sexkult zu sein, und sie konnte das Gericht von dieser Version überzeugen. Seitdem ist sie wieder auf Tour, unterbrochen durch eine Babypause, denn im August 2005 brachte sie einen Sohn zur Welt.

Immerhin ist dieses Leben ein guter Stoff für einen schnulzigen Film, der eigentlich zu unwahrscheinlich wäre, wenn er nicht auf reale Ereignisse gründete. Der mexikanische Regisseur Carlos Bolado prüfe das Script eines amerikanischen Produzenten zu einer Trevi-Biographie, meldete die spanische Zeitschrift Terra. Damit wäre der Verwertungszyklus des mexikanischen Stars komplett...

Eine englische Übersetzung eines Artikels dazu:

Girl Trouble

Im wesentlichen ist das die Inhaltsangabe des Buches:

GIRL TROUBLE: The True Saga of Superstar Gloria Trevi and the Teenage Sex Cult That Stunned the World.
Christopher McDougall.
Harper Collins Publishers.
278 pages.

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